Sperrung Berlin-Hamburg Ersatzverkehr angelaufen – erste Erfahrungen und Erkenntnisse

zwei haltende Busse des Schienenersatzverkehrs © DB

Seit Freitag ist eine von Deutschlands meistbefahrenen Zugstrecken voll gesperrt. Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin wird vom 1. August bis voraussichtlich Ende April des nächsten Jahres generalsaniert und ist damit nicht passierbar.

Die Bahnstrecke Hamburg–Berlin ist eine der wichtigsten Pendlerstrecken in ganz Deutschland – was sich dementsprechend in einem sehr umfangreichen Konzept für den Schienenersatzverkehr (SEV) widerspiegelt. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg führt das Qualitätsmanagement für den Schienenverkehr im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg durch und hat am ersten Wochenende der Großraumsperrung auch den Schienenersatzverkehr vor Ort getestet.

Am ersten Wochenende haben Planer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) den Schienenersatzverkehr mit Bussen in großen Teilen Brandenburgs vor Ort begutachtet und geprüft. Im Fokus standen dabei: Fahrzeiten, Anschlüsse, Verkehrsnachfrage, Straßensituation, Fahrgastinformation und die Funktionsfähigkeit der Echtzeit-Infos in den Fahrplanauskunftsmedien.

Die ersten Erkenntnisse und Erfahrungen des realen Betriebs deuten darauf hin, dass die im Ersatzverkehr geplanten Fahrzeiten zwischen den Haltestellen gut eingehalten werden. Dies ist eine wesentliche Vorrausetzung dafür, dass die Anschlüsse – z.B. in Kyritz, Am Bürgerpark, in Quitzow oder zum Zug in Wustermark – erreicht und eingehalten werden können. Die in den Orten teilweise zusätzlich eingerichteten Haltestellen, z.B. in Nauen, Friesack oder Kyritz, werden grundsätzlich von den Fahrgästen gut angenommen. Die als Zu- und Abbringer zum Ersatzverkehr über Wustermark fahrenden Züge des Regionalverkehrs (RE4, RB14, RB21) waren größtenteils pünktlich.

Deutliches Verbesserungspotenzial besteht hingegen bei den Fahrgastinformationsmedien und der Beschilderung der Busse, um den Fahrgästen – besonders beim Umstieg – klare Orientierung zu verschaffen. So fehlen an den Haltestellen teilweise die Fahrplanaushänge und mitunter sind Busse unvollständig oder missverständlich beschildert. Echtzeitdaten liegen bislang nur für einen Teil der Flotte zuverlässig vor.

Aus Sicht des VBB besteht auch bei der Haltestellenausstattung noch Verbesserungsbedarf. Zusätzliche Unterstände an den Umsteigepunkten in Wustermark und in Quitzow sind wünschenswert und aus Fahrgastsicht auch nötig.

Die Erkenntnisse wurden bereits am Montagvormittag zwischen den beteiligten und verantwortlichen Akteuren ausgetauscht und erste Handlungsschritte zur Verbesserung der Qualität festgelegt. So werden bis Ende der Woche noch einzelne, bislang fehlende Ausstattungselemente für die Haltestellen des Ersatzverkehrs ergänzt und die Probleme bei der Echtzeitdatenlieferung bearbeitet.

Nach diesen ersten Erkenntnissen wird der Schienenersatzverkehr selbstverständlich auch weiter intensiv beobachtet, sowohl hinsichtlich der Qualität der Fahrzeuge und Fahrgastinformation als auch der Verkehrsnachfrage, die an den ersten Tagen sehr gering ausgeprägt war. Darüber hinaus wird es auch weiterhin einen engen, regelmäßigen Austausch in der Runde der beteiligten Städte, Gemeinden und Landkreise geben. Mit dem Bus-Betreiber des SEV, der ecoVista, ist gegenseitig abgestimmt, dass bei Anpassungsbedarf, z.B. bei notwendiger Verstärkung von Fahrten um einen weiteren Bus, schnell und pragmatisch gehandelt werden soll.

Besonderes Augenmerk liegt auch auf den Umleiterverkehren der Schiene. Mit den Linien RE6 (Perleberg – Neuruppin – Löwenberg – Berlin) sowie RE85 (Schwerin – Güstrow – Waren – Oranienburg – Berlin) gibt es dort, wo möglich, grundsätzlich zeitlich attraktive Umfahrungsalternativen zum Ersatzverkehr. Die Linie RE6 befährt dabei zwischen Löwenberg und Neuruppin die eigens für die Generalsanierung verbesserte Infrastruktur. Insbesondere am Samstag kam es zu häufigen Verspätungen und einzelnen Ausfällen bei den Linien RE6 und RB54. Mit zunehmender Routine für die neue Betriebsabwicklung konnten die Abweichungen vom planmäßigen Betrieb am Sonntag und heute Vormittag aber bereits reduziert werden. Auch auf der Linie RE85 waren bislang häufig Verspätungen zu verzeichnen, die dazu führten, dass die Fahrten bereits am Berliner Hauptbahnhof endeten und von dort wieder zurückfuhren. Gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und der DB InfraGO werden auch in den kommenden Tagen die Ersatzverkehre beobachtet, Ursachen erforscht und mögliche Maßnahmen zur Abhilfe besprochen.

Alle wichtigen und nötigen Informationen, einschließlich Fahrplänen, Liniennetzt zum Download sowie FAQs:

www.vbb.de/berlin-hamburg 

Christoph Heuing, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB):

„Der VBB hat sich sehr für eine gute Planung und Organisation eingesetzt und erwartet, dass der Schienenersatzverkehr (SEV) ein gutes Niveau hat. Damit die versprochene Qualität auch eingehalten wird, kontrolliert, evaluiert und korrigiert der VBB kontinuierlich das Angebot vor Ort. Auch bei der Strecken- und Stationsqualität schaut der VBB im Sinne der Fahrgäste genau hin. Wir wissen, dass alle Fahrgäste eine schwierige Zeit vor sich haben und wollen dazu beitragen, dass der Ersatzverkehr so gut funktioniert, wie es in dieser Situation eben möglich ist.“

Schon die Vorbereitung und Konzeptionierung dieses Schienenersatzverkehrs war eine logistische Herausforderung. Es bedurfte im Vorfeld umfangreicher Abstimmungen zu den Planungen mit DB InfraGO, benachbarten Aufgabenträgern, Städten und Gemeinden, Landkreisen und den kommunalen und Eisenbahnverkehrsunternehmen, Landesbetrieb Straßenwesen und ecoVista als Busbetreiber. Straßenbaumaßnahmen, Wegeführungen in den Orten, Bedienung lokaler Haltestellen zur besseren Flächenerschließung mussten beispielsweise berücksichtigt werden. Dieses „Vorab-Wissen“ floss in die Vorbereitung der Betriebsaufnahme u.a. an ecoVista, bevor die geplanten Fahrtzeiten dann durch Testbefahrungen Ende 2024 geprüft wurden.

Alle diese Maßnahmen führten auch zu neuen Überlegungen und ganz praktischen Anpassungen. So entstand zum Beispiel der Neubau einer ÖPNV-Verknüpfungsanlage mit P&R-Flächen in Wustermark mit starker Unterstützung durch die Gemeinde und der Finanzierung des Landes Brandenburg gemeinsam mit der DB InfraGO. Auch das Feedback von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen der Roadshow an den Bahnhöfen Falkensee, Brieselang, Nauen und Wittenberge, flossen in die Umsetzung des größten SEVs aller Zeiten ein: Demnach wurde unter anderem die Verbesserung des Anschlusses von Brieselang nach Falkensee im Ersatzverkehr umgesetzt und auch die  Anschlüsse im Tagesrandverkehr wurden deutlich verbessert.

Qualitätsmanagement des VBB für den Schienenpersonennahverkehr der Länder Berlin und Brandenburg: 

Der VBB führt jedes Jahr mehr als 6000 Qualitätskontrollen im Regionalverkehr durch, natürlich auch und gerade im Ersatzverkehr. Dabei werden zum Beispiel die Beschilderung und die Einhaltung der Fahrpläne und der Kapazitäten geprüft und mit den Verkehrsunternehmen ausgewertet. Neben den Vor-Ort-Kontrollen findet außerdem ein datenbasiertes Controlling statt, beispielsweise bezüglich Pünktlichkeit und Anschlüssen der Züge und Busse sowie der Datenvollständigkeit und Richtigkeit der Onlinefahrgastinfosysteme. Anfang August und zu Beginn des neuen Schuljahres wird dabei ein besonderer Fokus auf den Ersatzverkehr zur Generalsanierung gelegt, um Nachsteuerungsbedarfe schnell feststellen zu können.